Seidener Faden / Kreuz
Diabas  58 x 20 x 10 cm

Ausstellung im Dommuseum Hildesheim

Im Gegensatz zu der allerprächtigsten, prunkvollen Goldschmiedearbeit des großen Bernwardkreuzesist dieses Kreuz reduziert, ausgedünnt, durchscheinend, fragil. Die lateinische Kreuzformaufgreifend,verläuft die Senkrechte außerhalb des Lots und es ergibt sich eine Mischform aus Andreaskreuz und lateinischem Kreuz. In der Vergangenheit erhöhte die äußere Pracht des Reliquiars in der Vorstellung des Pilgers die Wirkmächtigkeit der Reliquie. Das Kreuz als Ort des Leidens braucht keine Pracht. Die Doppeldeutigkeit des Kreuzes als Ort des Todes und dessen Überwindung impliziert Glaubenskraft, die heute weniger durch Äußerlichkeitenals vielmehr durch Verinnerlichung, durch Ringen um den Glauben gekennzeichnet ist, ein fragiles Geschehen, das u.a. durch gesellschaftliche Erschütterungen, durch Schicksalsschläge und durch naturwissenschaftliche Erkenntnisse in Frage gestellt wird und gleichsam am seidenen Faden hängt.

Durch die Platzierung des Kreuzes in zeitgenössischer Formensprache vor dem historischen Bernwardskreuz wird ein „Durchkreuzen“ sichtbar, was die Unterschiedlichkeit der Glaubensansätzeund deren Bedeutungsveränderung kenntlich macht.

Die Skulptur ist aus einem Stück gearbeitet. Der grünschwarze Stein ist ein vulkanisches Tiefengestein (Diabas) aus dem Lahn-Dill Kreis. Die beiden „Fäden“ verlaufen windschief zueinander und berühren sich nicht.